Zweites EMG-Stratosphärenprojekt: Der Start

Flug mit Luke

Die vielen hundert Handgriffe laufen schon deutlich routinierter ab als noch im letzten Jahr. Von echter Routine sind wir aber auch bei der zweiten Luftfahrt des EMG-Stratosphärenballons noch weit entfernt. Kein Wunder, wenn in Luke Mockridge einer der beliebtesten TV-Entertainer Deutschlands daneben steht.

Die Stimmung in der ersten großen Pause auf dem Schulhof vor dem D-Gebäude ist jedenfalls prächtig. Und das liegt sicherlich auch an Mockridge, der den Start unseres Ballons gerne in seiner TV-Show „Luke! Die Schule und ich“ unterbringen möchte. Gute Idee, auch wenn das für uns heißt, den Starttermin auf Anfang März zu legen.

Blauer Himmel ist zu dieser Zeit alles andere als selbstverständlich. Die Blicke sind also gen Himmel gerichtet, wo sich das Wetter mit jeder Minute verschlechtert. Immerhin: Dank unseres Heliumsponsors Christian Schibisch von gas & more in Frechen können wir diesmal auf Technik zurückgreifen, die unseren Wetterballon in nur wenigen Minuten mit Helium füllt. Die Lektion haben wir gelernt.

Neu ist auch, dass wir uns diesmal die deutlich tragfähigere Ballonvariante geleistet haben. Der erbitterte Kampf um jedes Gramm Ausrüstung entfällt diesmal, obwohl wir mit einem Geiger-Müller-Zählrohr zur Messung der kosmischen Höhenstrahlung, einem zweiten GPS-Tracking-Modul und einem zusätzlichen akustischen Ortungssystem technisch deutlich aufgerüstet haben.

Insbesondere der zusätzliche Tracker ist Michael Schröders ganzer Stolz. Der Informatik-Lehrer hat zusammen mit seinem MPI-(Mathematik/Physik/Informatik)-Kurs aus der Klasse 9 ein GSM-Modul, wie es in handelsüblichen Mobiltelefonen verbaut ist, an unsere Raspberry-Prozessoren gekoppelt. Die Daten aller Messonden - insbesondere die für die Ortung entscheidendden GPS-Informationen - lassen sich so per Anruf oder SMS abrufen. Voraussetzung: Die SIM-Karte im GSM-Modul muss natürlich im Handynetz registriert sein.

„Pass auf“, sagt Schröder kurz vor dem Start und schreibt „SOS“ per SMS an die SIM-Karte in unserer Sonde. Einige Sekunden später beginnt ein penetranter Piepton aus der Schuhkarton großen Styroporbox zu nerven. „Wenn die Sonde später irgendwo versteckt im Wald liegt, können wir sie so finden“, erklärt er. Klingt plausibel.

Es beginnt zu tröpfeln. Keiner von uns weiß, wie der Ballon im Regen reagiert. In einer apokalyptischen Vision sehe ich das Ergebnis wochenlanger Arbeit nach 200 Metern Flug im Burgpark landen. Lieber schnell starten, bevor es richtig anfängt.

„Wie hoch fliegt der Ballon?“, will Luke Mockridge wissen, während eine Fernsehkamera auf uns gerichtet ist. „Ungefähr 35 km“, antworte ich. Luke zieht Parallelen zum nordkoreanischen Raketenprogramm. Ich bin mit meinen Gedanken woanders und blicke zu Schröder, der vor einem unserer Mission-Control-RaspberryPi-Notebooks sitzt, von denen die Messprogramme in der Sonde per W-Lan gestartet werden. Irgendein technisches Problem steht ihm ins Gesicht geschrieben.

Endlich gibt er das Signal zum Start. Luke beginnt den Countdown, einige Hundert Schülerinnen und Schüler folgen begeistert seinem Beispiel. Die zweite Reise eines EMG-Stratosphärenballons beginnt diesmal in Richtung Norden. Noch aus 175 Metern Höhe bekommen wir eine Geodaten-SMS, dann verabschiedet sich das GSM-Modul aus dem D1-Netz. In etwa drei Stunden hoffen, wir den Kontakt wieder herzustellen. Mal sehen.

Gregor Evers

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