Bio-Bili-Kurs folgt Einladung von Dr. Jeanette Fricke

Was macht gute Bildung aus?

David aus der Stufe Ef ist an der Junior Uni Köln tief in das Thema Bildung eingetaucht

 

Am 05. Juni 2023 war ich im Rahmen des Sommerprogramms der Junior-Uni Köln bei einer Veranstaltung, welche sich dem Thema „Bildung zwischen Uni und Schule“ gewidmet hat.

Im Unterricht hatten wir uns im Sowi-GK1 mit Soziologie beschäftigt. Hierbei geht es vor allem um uns als Individuen, was thematisch gut zu der Veranstaltung an der Uni passt. Wie sich später herausstellen wird, hat Bildung nämlich sehr viel mit jedem einzelnen Individuum zu tun.

Aber nun zur Ausgangslage: die Schule wird ihren Maßstäben nicht gerecht.

Viele Viertklässler und Viertklässlerinnen können nicht richtig lesen und schreiben.

Woran liegt das? Was sind überhaupt die Ziele von Schule und Bildung?

Wofür brauchen wir überhaupt die Schule?

Die Schule wurde ursprünglich erfunden, weil eine Person nicht mehr alles wissen konnte, was es damals zum Über-(Leben) gebraucht hat. Je komplexer das Wissen und die Gesellschaft wird, desto dringender wird ein Ort wie die Schule benötigt. Das Wissen wurde und wird immer vielseitiger, daher musste und muss es auf verschiedene Bereiche und „Köpfe“ verteilt werden. Von daher gibt es beispielsweise auch heute für verschiedene medizinische Themen und Ausrichtungen jeweils Fachärzte, die es früher in dieser Form nicht gab.

Die Geburt und der Tod sind aus schulischer Perspektive zwei schlechte Ereignisse. Bei der Geburt kommen Menschen auf die Welt, die nichts wissen und beim Tod gehen Menschen von der Welt, die sehr viel wissen.

Die Schule übermittelt also Wissen zwischen Generationen, welches essentiell für das Überleben ist und daher vor dem Tod der älteren Generation übermittelt werden muss. Darüber hinaus erlernen Schüler heute Grundlagenkenntnisse und Wissen, welches als Allgemeinbildung verstanden und bezeichnet wird.

Und um dieses Wissen zwischen den Generationen übermitteln zu können brauchen wir  Kindergärten, Schulen und Universitäten.

Welche Akteure sollte es in der Schule geben?

Neben Lehrern braucht es heutzutage auch psychologische Ansprechpartner in der Schule.

Wenn Schüler Probleme im alltäglichen Leben haben, dann brauchen sie außerhalb vom Elternhaus vertrauensvolle Ansprechpartner. Die Schule kann einen guten Ort für diese Ansprechpartner bieten, da Kinder und Jugendliche einen großen Teil ihres Alltags in diesen Institutionen verbringen.

Darüber hinaus sollten Lehrer stärker zweigleisig ausgebildet werden. Einmal auf fachlich beziehungsweise inhaltlicher Ebene und andererseits auf pädagogischer Ebene. Dabei hilft weder nur das Eine, noch nur das Andere. Wenn ein Mathelehrer seinen Inhalt nicht so vermitteln kann, dass die Schüler ihn verstehen, dann hat sein sehr gutes fachliches Wissen keinerlei Nutzen.

Wenn ein sehr guter Pädagoge an der Bahnhaltestelle steht und ihn jemand nach der Uhrzeit fragt und er antwortet: „Keine Ahnung wie viel Uhr es ist, aber wir können uns mal hinsetzten und ein bisschen reden“, dann bringt die sehr gute pädagogische Ausbildung auch nichts.

Welche Ziele hat eigentlich die Schule?

Ein Ziel der Schule ist die Wissensvermittlung. Sie geschieht primär in den einzelnen Fächern und zielt darauf ab, Fachwissen und Grundlagenwissen in verschiedenen Bereichen zu erhalten. Wie beispielsweise dem gesellschaftswissenschaftlichen, naturwissenschaftlichen und sprachlich-literarischen Bereich.

Ein weiteres Ziel der Schule ist der Erwerb von Qualifikationen. Wir Menschen wollen und müssen Qualifikationen erwerben, weil sie uns im Leben Vorteile verschaffen und uns z.B.  dabei helfen, unsere beruflichen Ziele verwirklichen zu können.

Es darf aber keineswegs so sein, dass wir ganz viele Menschen haben die Qualifikationen erworben haben, aber immer weniger wissen. Dieser Zustand kann beispielsweise dann eintreten, wenn Wissen nur „auf den Punkt“ gelernt und nach der Prüfung wieder vergessen wird. Darüber hinaus darf es auch nicht so sein, dass wir immer mehr Leute haben, die keine Qualifikationen erwerben, aber trotzdem fachliches Wissen vorliegt. Dies kann auch daran liegen, dass viele Menschen gar nicht genau wissen, wie richtig gelernt wird.

Den Inhalt für die Klausur zu lernen und dann auf den „Punkt“ abzurufen ist im aktuellen Schulsystem essenziell für unsere Zukunft, unabhängig davon, ob wir es können oder nicht.

Ein weiteres Ziel der Schule ist die Urteilskraft. Wir müssen und sollten in der Schule dazu befähigt werden, Urteile alleine bzw. selbstverantwortlich fällen zu können. Die Urteilskraft sollte uns dazu befähigen, Normen und Tugenden der Gesellschaft kritisch zu reflektieren und uns unsere eigene Meinung bilden zu können. In der Gesellschaft gibt es gewisse Rollenerwartungen an uns. Durch Verhaltensweisen und Meinungen, welche von der Gesellschaft als falsch oder extrem tituliert werden, tritt man mit ihr in einen Konflikt. Der Ausschluss aus der Gesellschaft, der aus solch einem Konflikt resultieren kann ist dabei die stärkste Sanktion für uns Menschen.

In der Gesellschaft herrschen auch ungeschriebene Gesetze, die durch die Macht von Mehrheiten an uns herangetragen werden, wie Tugenden und Normen. In der Schule wird die heranwachsende Generation also von der älteren Generation dazu ermächtigt die jetzige Gesellschaftsordnung, die vorherrschenden Handlungen und die jetzigen Gesellschaftswerte und Tugenden kritisch hinterfragen zu können.

Das Verhalten und Handeln der Lehrer, welches zur selbständigen politischen Urteilsbildung beiträgt sollte sich nach dem „Beutelsbacher Konsens“ richten. Dieser basiert auf drei Prinzipien. 1. Prinzip: Für Lehrer herrscht ein striktes Überwältigungsverbot. Es ist ihnen nicht erlaubt, „den Schüler - mit welchen Mitteln auch immer - im Sinne erwünschter Meinungen zu überrumpeln und damit an der Gewinnung eines selbständigen Urteils zu hindern. Hier genau verläuft nämlich die Grenze zwischen Politischer Bildung und Indoktrination. Indoktrination aber ist unvereinbar mit der Rolle des Lehrers in einer demokratischen Gesellschaft und der - rundum akzeptierten - Zielvorstellung von der Mündigkeit des Schülers.“

Darüber hinaus müssen Inhalte, die in der Wissenschaft und Politik kontrovers sind auch im Unterricht kontrovers seien. Wenn Standpunkte weggelassen werden und Alternativen nicht erörtert werden ist der Weg zur Indoktrination beschritten.

Das letzte Prinzip lautet wie folgt: „Der Schüler muss in die Lage versetzt werden, eine politische Situation und seine eigene Interessenlage zu analysieren“.

Meinungen und Standpunkte, die nicht auf unserer freiheitlich demokratischen Verfassung basieren, sind von diesen Prinzipien ausgenommen. Diese sollten selbstverständlich kritisch hinterfragt und reflektiert werden.

Ein weiteres Ziel der Schule ist die Sozialität. In der Schule sind wir in einer Gemeinschaft zusammen. Beispielsweise durch Klassen oder später Kursbelegungen. Wir treffen und sehen täglich Mitschüler, die außerhalb unseres eigenen Milieus leben. Dadurch erweitern wir stetig unseren „Dunstkreis“. Dies gilt aber nicht für alle Schulen, denn viele Schulen haben ein selektiertes Aufnahmeverfahren, wodurch viele Schüler leider im eigenen Milieu bleiben.

Nach der Schule sollte es gewiss Fertigkeiten geben. Wir müssen auf das Leben vorbereitet sein und neben fachlichen auch praktische Fähigkeiten, die im alltäglichen Leben vonnöten sind, erlernen. Diese Fähigkeiten werden z.B. teilweise in Fächern wie Hauswirtschaft vermittelt. Dies geschieht aber keineswegs an allen Schulen.

Ein universelles Fach, welches die Schüler in allen Schulformen haben und welches auf das Leben vorbereitet wäre sehr wichtig, um die Fertigkeiten und Ressourcen der Schüler zu erhöhen. Dieses sollte u.a. Themen wie beispielsweise Steuern, Finanzen und Gesundheit berücksichtigen.

Bildungsdefinition von Wilhelm von Humboldt.

Nach Wilhelm von Humboldt beinhaltet die schulische Bildung zwei wesentliche Aspekte. Ein Aspekt ist die Ausbildung, also der Erwerb von Elementen und Inhalten, die wir später z.B. in Berufen brauchen.

Der zweite Aspekt ist die Individualität. Individualität bedeutet in diesem Kontext, dass in der Schule alle unsere Anlagen und Kräfte, unsere Ressourcen, ausgeschöpft beziehungsweise entfaltet werden können und sollen. Jeder Mensch ist dabei einzigartig und niemand verfügt über die gleichen Anlagen und Kräfte wie ein anderer Mensch auf dieser Welt.

Das Ausschöpfen aller individuellen Anlagen sollte im Endeffekt so sein, „dass der Französischlehrer auch einen Tisch aufbauen kann und der Tischler auch Französisch sprechen kann“. Schulische Bildung bedeutet also, Mensch werden und sich individuell vielseitig zu entwickeln.

Wie verwirklichen wir also Bildung?

Wir verwirklichen Bildung, indem wir Bildung seit 1919 zur Pflicht gemacht haben (Schulpflicht). Des Weiteren wird sie durch ein äußerst breites Spektrum an Unterrichtsfächern gefördert. Dadurch kann und muss jeder auch seine Anlagen in Fächern ausschöpfen, die individuell keinen Spaß machen oder in denen nicht so viele persönliche Ressourcen vorhanden sind.

Die individuelle Förderung von sehr speziellen Anlagen und Talenten, wie beispielsweise von Eiskunstläufern und Fußballern sollte jedoch auch nicht vernachlässigt werden. Ganz im Gegenteil, bei Aussicht auf berufliche Karrieren durch spezielle Anlagen, sollte die allgemeine Ausschöpfung aller Anlagen nicht mehr so stark priorisiert werden.

Wer könnte potenziell gegen Bildung sein?

Gegen Bildung könnten intellektuelle Menschen sein, denn durch eine Monopolisierung von Wissen könnten autokratische Herrschaftsstrukturen entstehen. Beispiel: Paul fragt sich jetzt: „Wofür brauch ich denn überhaupt Wissen? Ich könnte doch einfach alles ChatGPT fragen!“. Leider ist das nicht ganz so einfach. In diesem Beispiel würde eine Abhängigkeit zwischen Paul und ChatGPT entstehen. Paul muss sich auf die AI verlassen können, weil er selber nichts weiß. Die intellektuelle Person, welche der AI das Wissen zur Verfügung stellt, könnte es zu eigenen Gunsten auslegen und manipulieren und gezielt Fehlinformationen streuen. Paul kann die Informationen nicht auf Unabhängigkeit prüfen und kann sich durch fehlende Bildung kein eigenes Urteil bilden.

Darüber hinaus könnten Ökonomen gegen Bildung sein. Dem CEO einer Firma könnte es egal sein, ob jemand gebildet ist oder nicht. Hauptsache derjenige räumt die Pakete, durch physische Tätigkeit vom Fließband.

Woran kann ich einen guten Lehrer erkennen?

Ein guter Lehrer versucht alle Anlagen und Kräfte des Schülers zu entfalten. Er unterwirft ihn keinen Meinungen und Urteilen, sondern befähigt ihn dazu eigene Urteile zu fällen und Meinungen bilden zu können. Er vermittelt den Schülern fachliches Wissen und geht mit ihnen gemäß seiner pädagogischen Ausbildung um. Darüber hinaus versucht er sie bestmöglich auf das Leben nach der Schule vorzubereiten, indem er auch praktische Fähigkeiten versucht zu vermitteln und gegebenenfalls „Lebenstipps“ und/oder Erfahrungen teilt. In seine Bewertung lässt er auch die individuelle Entwicklung des Individuums einfließen.

 

Wie kann ich mich neben der Schule und Universität bilden?

Eine persönliche Weiterbildung kann durch neue Erfahrungen auch neben der Schule und Universität geschehen. Beispielsweise durch das Besuchen von Seminaren und Fortbildungen. Durch das Erlernen von neuen praktischen Fähigkeiten aus dem Leben ist eine stetige Weiterbildung möglich. Neue Erfahrungen durch verschiedene Praktika oder Workshops zu bestimmten Themen bieten auch jede Menge Bildungsmöglichkeiten. Beziehungen und Kontakte zu anderen Menschen außerhalb des eigenen Milieus sind darüber hinaus auch wichtige Impulse für eine individuelle Entwicklung.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Bildung sehr vielseitig ist und sich genauso wie die Menschen stetig verändert. Das Individuum sollte stets im Vordergrund stehen.

Es ist aber auch klar, dass die Schule sich punktuell reformieren muss, um ihren Zielen, den Bildungszielen, und jedem Schüler gerecht werden zu können. Beispielsweise die Digitalisierung bietet uns neue Möglichkeiten und Chancen unsere Ziele zu erreichen, wenn sie richtig eingesetzt wird. 

 David Rossmanith (Stufe Ef)

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