Ballonprojekt von MPI-Kurs und Informatik-Lk

Countdown für den Stratosphärenflug

Testphase: Über dem Innenhof wird das unten gerichtete Kameramodul auf Herz und Nieren geprüft

Mehr als 900 g – die Anzeige auf der Präzisionswaage löst in der Physiksammlung spürbares Unbehagen aus. Auf der Waage liegt die vollständige Ausrüstung für den ersten Ballonflug in die Stratosphäre, der am Freitag, dem 23. Juni, auf dem Schulhof des Ernst-Mach-Gymnasiums mit einem umfangreichen Technikpaket starten soll. Das Problem: Mehr als 800 g Nutzlast kann der Helium gefüllte Ballon nicht in die gewünschte Höhe von ca. 30.000 m befördern.

„Wenn wir auf einen der beiden Prozessoren verzichten, sind wir komplett von einem System abhängig - und das bei unter minus 60 Grad Celsius“, gibt Michael Schröder zu Bedenken. Er hat in den vergangenen Wochen einen Großteil der Programmierarbeit in den beteiligten Schülergruppen koordiniert. Dabei galt es, Druck-, Temperatur und GPS-Sensoren anzusteuern sowie Datenfluss und -aufzeichnung sicherzustellen. Zwei Kameramodule sollen das Projekt am Rande des Universums außerdem mit Fotos und bewegten Bildern dokumentieren.

„Unser Programm steuert die Kameras so an, dass abwechselnd Videosequenzen und hochauflösende Fotos entstehen. Gleichzeitig müssen wir aber darauf achten, die Kapazität der Speicherkarten nicht zu überschreiten“, beschreibt Lia aus der Klasse 9 die Arbeit ihrer Gruppe.

Sanad, Cenk, Malik und Magnus haben während dessen die Ortung und Bergung des Pakets mit Hilfe des ca. 40 g schweren GPS-Trackers simuliert. Den Anruf auf der eingebauten SIM-Karte beantwortet der Tracker mit einer SMS mit dem genauen Längen- und Breitengrad des aktuellen Aufenthaltsortes. Je nach Windverhältnissen liegt die Landung über 100 km vom Startpunkt entfernt.

Ein großes Fragezeichen steht hinter der Zuverlässigkeit der verschiedenen Technologien bei den extremen Temperaturen. Mehmet und Adrian testen das Zusammenspiel eines der kompakten Raspberry-Pi-Prozessoren mit verschiedenen Temperatursensor in der Tiefkühltruhe. Dort ist es zwar mit -18°C vergleichsweise warm, die gemessene Temperaturkurve liefert aber wichtige Erkenntnisse über das Abkühlverhalten innerhalb der von den Schülern selbst gebastelten Styroporbox.

Eine Sorge hat sich zum Glück bereits 14 Tage zuvor erledigt: Die Flugaufsichtsbehörde hat die Genehmigung für das Projekt erteilt – wenngleich unter strengen Auflagen. Darin geht es um die Reißfestigkeit von Schnüren, Abmessungen, gut erkennbare Farben, Abflugort und -zeit, aber auch um den Nachweis einer Haftungsabsicherung.

Eine weitere gute Nachricht erreicht das Koordinationsteam zehn Tage vor dem Flugtermin: Die Frechener Niederlassung der Firma „Linde - gas & more“ bietet an, das Projekt durch Übernahme der nicht unerheblichen Heliumkosten zu fördern. Ein Platz für das Firmenlogo findet sich auf der Box bestimmt noch.

Noch sehr viel großzügiger hat sich der EMG-Förderverein gezeigt, der alle weiteren Kosten des Projektes trägt. „Natürlich gehen wir davon aus, die ganze Technik zu bergen und bei einer möglichen Wiederholung des Flugs wieder zu verwenden. Die Kosten für Ballon, Gas und Versicherung fallen aber immer wieder an“, erklärt Michael Schröder.

Der schlägt nach reiflicher Überlegung vor, auf die Plastikhüllen der beiden Prozessoren zu verzichten. Tatsächlich stellt sich der Kunststoff als erstaunlich massiv heraus. Wieder wird die komplette Ausrüstung auf die Waagschale befördert, und wieder wandern die Blicke gebannt auf die Anzeige. 796 g – geht doch.

Gregor Evers

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