Fußball-WM: EMG verzichtet auf liebgewonnene Tradition

Darts statt Doha

Die EMG-Lehrer tippen diesmal die Darts-WM, bei der Peter "Snakebite" Wright seinen Titel verteidigen will

Alle reden über die Fußball-WM. Auch das EMG. Ähnlich wie in vielen anderen Berichterstattungen geht es aber keineswegs nur um das schlechte Abschneiden des DFB-Teams oder die Frage nach dem neuen Titelträger. Vielmehr sind es Themen wie Menschenrechtsverletzungen, Ausbeutung am Arbeitsplatz, Diskriminierung sexueller Minderheiten, rätselhafte Vergabekriterien oder FIFA-Willkür, die in den Fluren, Unterrichtsräumen und Lehrerzimmern der Schule besprochen werden.

„Sowohl in den Gesprächen mit Schülerinnen und Schülern als auch innerhalb des Kollegiums ist nicht erst seit dem merkwürdigen Verbot der One-Love-Kapitänsbinde durch die FIFA eine sehr kritische Haltung spürbar. Von Fußballfesten, wie wir sie früher hier am EMG gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen gefeiert haben, waren wir  schon vor dem deutschen Ausscheiden Lichtjahre entfernt“, berichtet Jens Michaelis, Sportlehrer und eingefleischter Fußballfan.

Und so hat man sich in der Bonnstraße auch von äußerst lieb gewonnenen Traditionen getrennt. „Wir haben in der Lehrerkonferenz beschlossen, diesmal auf die Tippspiele zu verzichten, die wir früher in Klassen, Kursen und Kollegium durchgeführt haben“, so Michaelis.

Auch das früher rituell zelebrierte Einkleben von Sammelbildern in das sonst obligatorische Panini-Album fällt diesmal aus. „Es ist schon komisch. Ich hatte nicht die geringste Lust, für diese Veranstaltung Sammelbilder zu besorgen“, erklärt Physiklehrer Michael Schröder, Panini-Protagonist vergangener Fußball-Großereignisse.

In Einzelfällen kommt es sogar zum vollständigen Boykott der Veranstaltung. „Ich habe mir noch keine einzige Minute der WM angesehen. Und das wird auch so bleiben“, berichtet Fußballfan Daniel Knippertz. Für ihn und viele andere Gleichgesinnte haben Gastronomien wie die „Bagatelle“ in der Kölner Südstadt ein ausgeklügeltes „Methadon-Programm“ aufgelegt: Statt der Live-Übertragungen aus der Wüste sieht Knippertz sich hier Fußballklassiker wie Uerdingen gegen Dynamo Dresden aus dem Jahr 1986 oder das 2014er WM-Halbfinale Brasilien gegen Deutschland an.

Auch für das tippspielfreudige Kollegium des EMG haben sich Jens Michaelis und einige andere Lehrkräfte einen Ersatz einfallen lassen: Unter dem Motto „Darts statt Doha“ sind Lehrerinnen und Lehrer eingeladen, die Ergebnisse der am 15. Dezember beginnenden Darts-WM zu tippen. Kein leichtes Unterfangen, schließlich hat man es hier nicht mit Neymar, Messi oder Mbappé sondern mit Boris Krcmar, Mike de Decker oder Danny Baggish zu tun.

„Vielleicht kennt der eine oder andere noch den amtierenden Weltmeister Peter Wright, danach wird es aber schon schwierig. Darauf kommt es aber gar nicht an. Das Ganze soll Spaß machen“, erklärt Michaelis. Sein Plan dürfte aufgehen. Und das liegt auch daran, dass in London, wo die Darts-WM zum 30. Mal stattfindet, die Menschenrechtssituation eine andere ist als in Qatar.

Gregor Evers

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