Workshop zum Thema Diskriminierung und Ausgrenzung in der Klasse 9

Die Lehren aus Brauweilers Vergangenheit

Gussie Adenauer, die zweite Frau des späteren Bundeskanzlers, war in Brauweiler inhaftiert

Von der Vergangenheit in die Gegenwart. Eine intensive Erfahrung mit Blick in die Vergangenheit, übertragen in die Gegenwart, durfte der Geschichtskurs von Herrn Trauth aus der Jahrgangsstufe 9 und die Klasse 9e am 15.03.23 miterleben. Im Zuge der Vorbereitung der 1000-Jahrfeier der Abtei Brauweiler im Jahr 2024, war es uns möglich, an einem Studienprojekt zum Thema Ausgrenzung und Diskriminierung teilzunehmen.

Dieses Projekt in Form eines Workshops befindet sich im Moment in der Entwicklungs- und Probephase und wir waren die zweite Gruppe, die mitmachen durfte. Zum 1000-jährigen Jubiläum der Abtei sind viele Restaurierungen, Veränderungen und Neuerungen geplant, so auch der Workshop, an dem wir teilgenommen haben. Der Beschreibung war zu entnehmen:

In der Arbeitsanstalt (1815-1969) waren Menschen interniert, die als Prostituierte, Alkoholiker, Bettler, psychisch Kranke und Schwererziehbare bezeichnet wurden. Im SS- und Gestapogefängnis (1933-1945) waren Menschen aufgrund ihrer politischen Einstellung inhaftiert. Darüber hinaus war Brauweiler ein Durchgangslager für Menschen, die der Rassen- und Besatzungspolitik zum Opfer fielen. In dem Workshop […] soll geklärt werden, wie die Insassen und Gefangenen Opfer institutioneller und alltäglicher/willkürlicher Ausgrenzung/Diskriminierung wurden. In einem Zweiten Schritt möchten wir im Workshopteil das Gehörte vertiefen und aktuelle Beispiele für Ausgrenzung/Diskriminierung diskutieren.“

Die Abtei blickt auf eine lange Geschichte zurück, in der sie mehrfach ihre Bedeutung und Nutzung verändern musste. Von 1024 bis 1802 wurde die Abtei, wie ursprünglich geplant als Kirche und Kloster genutzt, um 1802 durch die Verstaatlichung aufgelöst zu werden.

Damit die bereits vorhandenen Gebäude nicht verfallen, wurde die Abtei in den kommenden Jahren als Bettlerdepot eingerichtet und genutzt. 1815-1933 diente die Abtei als Arbeitsanstalt, um dann in der NS-Zeit als SS- und Gestapogefängnis herhalten zu müssen. Danach wurde die Abtei noch zum DP-Camp, zur Landesarbeitsanstalt, zum Landeskrankenhaus, um dann 1979 ihrer jetzigen Bestimmung, der kulturellen Nutzung zugeführt zu werden.

Unser Workshop mit dem Thema „Diskriminierung und Ausgrenzung im Zeitraum von 1815-1969“ beschäftigte sich mit der geschichtlichen Bedeutung der Abtei Brauweiler – hauptsächlich als Arbeitslager und Gefängnis. Ziel war es, bezogen auf die aktuelle Situation, in der wir uns heute befinden, Handlungsstrategien zum Umgang mit Diskriminierung zu entwickeln.

Der ursprüngliche Gedanke, im Workshop das Thema Rassismus zu bearbeiten, wurde erweitert auf Diskriminierung und Ausgrenzung, weil dies allgemeiner und umfassender ist. Nach einer Vorstellungsrunde und der Auseinandersetzung mit der Frage:“ Was mag ich und was mache ich gerne?“, wurden wir in zwei Gruppen geteilt, um uns spielerisch mit der Geschichte des Arbeitslagers und des Gefängnisses auseinander zu setzen und unser Wissen zu vertiefen.

Danach haben wir erfahren mit welchen Methoden Diskriminierung und Ausgrenzung stattfindet und welche Orte besonders für die Auseinandersetzung damit geeignet sind. Zum Schluss haben wir Handlungsstrategien diskutiert, wie man Diskriminierung und Ausgrenzung verhindern und stoppen kann.

Eine wichtige Vergleichsfolie waren für uns dabei die Schicksale der Inhaftierten. Wir haben aber auch über Situationen wie zum Beispiel das Verhindern einer Prügelei gesprochen, die aus Diskriminierung und Ausgrenzung entstehen kann oder zu beidem führen kann. Da sich in dieser Form die Vergangenheit auf unsere Gegenwart übertragen lässt, war der Workshop eine für uns sensibilisierende Erfahrung.

Zur Verstärkung des Verständnisses für die Opfer, egal ob in der Vergangenheit oder der Gegenwart, haben wir die Gedenkstätte besucht. Die Gedenkstätte des LVR Kulturzentrums Brauweiler befindet sich im Keller und zeigt als Schwerpunkt die Jahre von 1933-1945, soll aber zur tausend Jahrfeier vergrößert werden und noch zusätzlich den Aspekt des Arbeitslagers einbinden.

Besonders berührt hat mich bei der Besichtigung der Gedenkstätte, dass in die Mauern noch die eingeritzten Namen und Sätze der Inhaftierten und zum Teil Gefolterten zu lesen waren.

Abschließend kann ich sagen, dass der Workshop sein Ziel erreicht hat. Er sensibilisiert uns zu erkennen, dass jeder Mensch, an jedem Ort, zu jeder Zeit, Opfer von Diskriminierung und Ausgrenzung werden kann, aber auch, jeder Mensch, zu jeder Zeit, an jedem Ort Täter werden kann, oder aber auch, dass jeder Mensch, zu jeder Zeit, an jedem Ort sich dagegenstellen kann, wenn er den nötigen Mut aufbringt.

Julie Sonntag

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