Exkursion an die Physikalischen Institute der Uni Köln
Physik-Lk im Yellow Submarine
Nein, die Farbe des Anstrichs ist tatsächlich kein Zufall. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Beatles und ihr Yellow Submarine die entscheidende Rolle für die Lackierung gespielt haben“, erzählt Dr. Andrey Blazhev, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kernphysik der Universität zu Köln.
Bei dem gelben Ungetüm handelt es sich um einen sog. Tandembeschleuniger, der in Köln für verschiedene kernphysikalische Experimente genutzt wird. Heute hat die beeindruckende etwa zehn Meter lange Röhre Besuch vom Physik-Lk des Ernst-Mach-Gymnasiums Hürth. Gerade noch haben die 14 Schülerinnen und Schüler ihr Wissen zur Beschleunigerphysik im Rahmen ihrer zweiten Klausur unter Beweis stellen müssen, jetzt haben sie zu Beginn ihrer Exkursion einen solchen gewaltigen Apparat leibhaftig vor sich.
„Im Inneren werden Teilchen aus verschiedenen Proben mit bis zu neun Millionen Volt Spannung beschleunigt. Bei diesen hohen Energien können wir sehr präzise Analysen vornehmen“, erklärt Blazhev den Leistungskurslern.
Anwendung finden die Experimente zum Beispiel in der geologischen Altersbestimmung. Blazhev nennt die Datierung der berühmten Mumie Ötzi als Beispiel. Eine vergleichsweise einfache Aufgabe. Das Kölner Experiment löst mit seiner Präzision auch deutlich schwierigere Probleme.
Dank der einmal mehr großartigen Vermittlung von Schülermutter Petra Neubauer-Günther werden die Schülerinnen und Schüler zwei Institutstüren weiter von Prof. Stephan Schlemmer empfangen. Der Physiker untersucht mit spektroskopischen Methoden den Aufbau von Molekülen. „Anhand der Energien, die von den Molekülen absorbiert werden, lernen wir etwas über ihren Aufbau – z.B. wie weit die beiden H-Atome im Wasser vom Sauerstoff entfernt sind.“
Ganz nebenbei liefern die Molekülphysiker noch präzise Daten an die ungleich berühmtere Welt der Astrophysik. „Die Kolleginnen und Kollegen können aber noch so teure Teleskope haben. Wenn sie nicht wissen, in welchen Frequenzbereichen sie suchen müssen, haben sie schlechte Karten. Und da kommen wir ins Spiel“, erzählt Schlemmer mit einem verschmitzten Lächeln.
Der nächste Ortswechsel. Hamsa hat Hunger, muss aber durchhalten. Die 90-minütige Vorlesung „Experimentalphysik I“ bei Prof. Andreas Zilges steht als dritter und letzter Punkt auf dem Tagesprogramm. Immerhin darf man im Hörsaal sitzen.
Und siehe da: Nach dem phasenweise sehr intenisven Informationsstrom aus der Welt der dopplerverschobenen Gamma-Frequenzen und induzierten Molekülrotationen geht es hier etwas beschaulicher zu. Auftrieb? Kennt man aus der Stufe 10. Laminare Strömung? Na klar! Millikan-Versuch.
Und so hat der Bernoulli-Effekt am Ende vielleicht die besten Chancen bei den 14 Physik-Lklern in Erinnerung zu bleiben. Schließlich wissen sie jetzt, warum ein Duschvorhang die Tendenz hat, sich auf unangenehme Weise an den Körper zu schmiegen. Zum Abschied weiß Tim, wie man seinem Lehrer eine Freude macht: „Beschleuniger und Bernoulli – jetzt wird‘ ich Physiker.“
Gregor Evers
